Eine späte Schwangerschaft wird auch heute noch kritisch beäugt. Und eine vielleicht schon grauhaarige Frau mit Baby, wird auf ihr hübsches Enkelkind angesprochen. Begriffe wie Spätgebärende oder Last-Minute-Mutter fallen gerne. Was aber, wenn sich gerade jene Frauen bewusst für eine späte Mutterschaft entschieden haben? Fakt ist, dass sich früher Frauen bereits mit 20 Gedanken um den Kinderwunsch gemacht haben. Heute kommen Frauen erst mit 30, 40 oder auch noch später an diesen Punkt.
Karriere & Partnerschaft – Gute Gründe für eine späte Schwangerschaft
Die Gründe, warum die Frauen heute vielfach mit der Familienplanung warten, sind ganz unterschiedlich. Zum einen muss man sie in der Gesellschaft selbst suchen: In der heutigen Zeit werden Ehen und feste Partnerschaften später geschlossen als noch vor 30 Jahren.
Vielen Frauen ist es nach einer Ausbildung oder einem Studium in erster Linie wichtig, berufliche Erfahrungen zu sammeln und Karriere zu machen. Sie entscheiden sich ganz bewusst für eine späte Mutterschaft. Auch lassen sich mehr Paare scheiden als früher, was wieder dazu führt, dass man den Partner fürs Leben später findet. Und wenn man sich im reifen Alter für ein Kind entschlossen hat, gibt es neue medizinische Behandlungsmethoden, die eine späte Schwangerschaft ermöglichen.
Erst Karriere, dann Babys – Prominente Beispiele später Mütter
Viele Prominente machen es vor. Halle Berry wurde Mutter im Alter von 41 und 46 Jahren. Uma Thurman bekam ihr drittes Kind mit 41, Ute Lemper ihr viertes Baby mit 48. Bekanntestes Beispiel ist aber sicherlich die Musikerin Gianna Nannini, welche auf natürlichem Wege mit 54 Mutter wurde.
Aber auch unter Nicht-Prominenten sind späte Schwangerschaften nicht unüblich. Lange Zeit galt die Rumänin Adriana Iliescu als älteste Schwangere der Welt: Sie brachte 2005 – im Alter von 66 – ein Mädchen zur Welt. 2012 wurde dann eine 66-Jährige in der Schweiz Mutter von Zwillingen.
Die Natur mischt mit – Risiken einer späten Schwangerschaft
Sicher ist es ab 35 schwerer schwanger zu werden, weil auch die Eierstöcke einem Alterungsprozess unterliegen. Der Reifungsprozess einer Eizelle ist mit 35 schlechter als er das mit Anfang 20 ist und auch die befruchtete Eizelle nistet sich seltener in der Gebärmutterschleimhaut ein oder entwickelt sich nicht mehr weiter.
Auch darf man nicht verschweigen, dass mit fortgeschrittenem Alter Chromosomenstörungen häufiger auftreten, die zu Fehlgeburten führen können bevor die Schwangerschaft überhaupt erkannt wurde. Statistisch gesehen kann eine 24-jährige Frau am schnellsten schwanger werden. Mit Mitte 30 sinken die Chancen, schwanger zu werden auf etwa 10 Prozent pro Zyklus. Aber: Es gibt große individuelle Unterschiede. Zahlreiche körperliche und psychische Faktoren spielen eine große Rolle in Bezug auf die tatsächliche Fruchtbarkeit einer Frau.
Spät schwanger – und nun?
Im Mutterpass steht es schwarz auf weiß: Risikoschwangerschaft. Aber ist eine späte Schwangerschaft in unserer fortschrittlichen Welt wirklich ein Risiko für die Mütter und ihre Babys? Der Begriff ist in der Tat überholt, denn bei regelmäßiger medizinischer Kontrolle besteht auch für eine späte Mutter und ihr Kind kein höheres Risiko als bei einer Schwangerschaft mit 25.
Auch wenn Frauen ab 35 nicht öfter an typischen Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit oder Rückenschmerzen als jüngere Frauen leiden, sollte man sich folgende Fakten vor Augen halten:
- Das Risiko einer Gestose liegt bei Frauen ab 35 Jahren höher als bei Frauen zwischen 20 und 30.
- Schwangerschaftsdiabetes wird bei Frauen ab 35 ebenfalls etwas häufiger diagnostiziert.
- Aber: Reifere schwangere Frauen wissen um diese Risiken und nehmen daher die Vorsorge-Untersuchungen gewissenhaft wahr, sodass schnell gehandelt werden kann.
Der Begriff Risikoschwangerschaft bedeutet also per se nicht, dass eine Mutter sich Sorgen um ihr Ungeborenes machen muss. Es bedeutet lediglich, dass die Schwangerschaft intensiver begleitet und überwacht wird, um möglichen Komplikationen vorzubeugen.
Pränataldiagnostik– Segen und Fluch zugleich
Alle Eltern wünschen sich ein gesundes Kind und dank unseres medizinischen Fortschritts können schon während der Schwangerschaft viele Faktoren ausgeschlossen werden. Die Pränataldiagnostik bietet heute die Möglichkeit, schon vor der Geburt mittels minimalinvasiven Eingriffen gezielt nach möglichen Fehlbildungen, Erbkrankheiten oder Chromosomenabweichungen zu suchen.
Aber als werdende Eltern muss man sich darüber im Klaren sein, welche Folgen solch eine Diagnose haben kann. Zum einen sagen die Ergebnisse der pränatalen Untersuchungen wenig über die Schwere einer möglichen Behinderung aus, und eine Behandlung einer Krankheit während der Schwangerschaft ist nur in seltenen Fällen möglich. Entscheidend ist aber auch die Frage, wie entscheide ich, wenn ein auffälliger Befund erstellt wird. Kann ich ein behindertes Kind lieben und erziehen? Welche Hilfen können Eltern von behinderten Babys bekommen? Oder entscheide ich mich bewusst gegen ein behindertes Kind?
Gelassenheit einer Großmutter und die Fürsorge einer Mutter
Die meisten späten Schwangerschaften verlaufen völlig normal. Und auch einer natürlichen Entbindung steht nichts im Wege. Auch wenn viele Ärzte auf Nummer sicher gehen und einen Kaiserschnitt empfehlen, die Angst, dass es bei einer späten Mutter während einer natürlichen Geburt zu Problemen kommen kann, ist unbegründet.
Im Alltag werden diese Mütter dann jedoch meist mit Vorurteilen konfrontiert. Wenn man aber einen vollkommen vorurteilsfreien Blick auf diese späten Mütter wirft, wird man feststellen, dass sie oft gelassener und selbstbewusster wirken. Sie lesen keine Erziehungsratgeber mehr, vertrauen auf das eigene Gefühl. Erziehung ist eben keine Olympiade um den ersten Drei-Wort-Satz oder die ersten Schritte. Das Alter scheint kein unerhebliches Kriterium zu sein. Man hat schon einiges erreicht im Leben und kann sich voll und ganz seinem Kind widmen. Tatsächlich sind viele ältere Eltern beruflich und finanziell abgesichert und fest im Leben verankert. Und auch das Alter zwischen dem Kind und seinen Eltern spielt in unserer verständnisvolleren Welt keine so große Rolle mehr wie noch vor 30 Jahren.
Allerdings findet eine Mutter im fortgeschrittenen Alter schlechter Anschluss zu jungen Müttern als jüngere Mütter unter sich. Auch körperliche Aspekte sollte man nicht ganz unbeachtet lassen. Allerdings kann eine gesunde Lebensweise mit richtiger Ernährung und Bewegung auch bei einem älteren Elternpaar vieles ausgleichen. Die Entscheidung für Kinder ist in jedem Alter überaus verantwortungsvoll und späte Mütter sollten von allen anderen vorurteilsfrei respektiert werden.
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